Pressebüro Petra Pettmann

FREIE JOURNALISTIN DJV, fundierter Wirtschaftsjournalismus für die Profigastronomie, Food-, Tourismus-, MICE- & Retail-Branche mit besonderem Focus auf Nachhaltigkeit, Ursprünglichkeit und Ethik. Das Pressebüro "PP-Kommunikation" von Petra Pettmann M.A. hat seinen Sitz in Bleckede bei Lüneburg, Niedersachsen.

SLOW FOOD Genussführer 2019/20

Herausgeber: Genussführer-Kommission, Slow Food Deutschland e.V.

 

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Verlag: oekom verlag München, 2018
ISBN-13: 978-3-96238-057-1
Erscheinungstermin: 01.10.2018
Seiten: 752 Seiten
Preis: 28,00 €
Foto: oekom verlag

„Ein Wegweiser zu regionalen Spezialitäten“

(Zitat: Petra Pettmann M.A., Journalistin DJV)

Der neue SLOW FOOD Genussführer ist erschienen. Auf 752 Seiten erhält man einen Überblick über all jene Restaurants in Deutschland, die von der Genussführer-Kommission der einzelnen Slow-Food-Convivien getestet und für gut befunden wurden. Insgesamt werden 548 Lokale empfohlen. 125 davon sind erstmals dabei.

Was macht diesen Genussführer so einzigartig?

Er wird von den Slow-Food-Mitgliedern selber gestaltet und das wirkt sich sehr positiv auf die Inhalte aus. Nicht nur Kriterien wie die Regionalität sind entscheidend, sondern auch ob ein Essen für eine Familie noch bezahlbar ist. Nicht jedem Restaurant gelingt allein aufgrund seines Speisenangebotes die Hürde in den Genussführer.

Die vielen Gruppen von Testessern der Genussführer-Kommission setzen sich intensiv mit dem Restaurant und den Speisen auseinander und prüfen auch, ob soziale und nachhaltige Faktoren im Gesamtkonzept der Betriebe verankert sind. Besonders muss man aber auch die Mitarbeit der Gaststätten und Restaurants loben, ihre Lieferanten und Geschäftspartner in dieser Form offen zu legen. Mit der vierten Auflage des Slow-Food-Genussführers ist ein großer Schritt in die Richtung bewusster Umgang mit Lebensmitteln und unserer Umwelt gelungen.

Nach den üblichen Grußworten und der Einleitung in den Führer folgen drei Rubriken, die ich persönlich genauso wichtig finde, wie die Vorstellung der einzelnen Restaurants gegliedert nach den Bundesländern. Es beginnt mit einer kleinen Warenkunde von Brot, Fleisch, Fisch, Wurst, Wasser und Wein.

Die nächste Rubrik ist nun schon fast ein Wörterbuch der Regionen. Das ABC der regionalen Spezialitäten.  Eine spannende und sehr hilfreiche Rubrik, oder weiß etwa jeder Norddeutsche aus Flensburg oder Hamburg, was im Fränkischem ein „Gniedla“ ist? Es ist ein Kartoffelknödel! So lädt diese Rubrik auch etwas zum Schmökern der deutschen Dialekte für Nahrungsmittel und Speisen ein.

Als nächstes folgt auf das „ABC der Spezialitäten“ der Abschnitt „Regionen und ihre Gerichte“. Es werden für alle Regionen typische Gerichte vorgestellt, die teilweise kaum noch bekannt sind. Nur die über Generationen mit der Region verankerten „Ureinwohner“ einer Gegend kennen noch diese herrlichen Bezeichnungen. Auf jeden Fall sehr lesenswert. Wer die Bezeichnung „Knieste und Klümpe“ aus der Harzer Küche liest, will mehr erfahren. Ein lesenswerter Abschnitt.

Doch nun zu den vorgestellten Gasthöfen und Restaurants.

Aufgeteilt in die einzelnen Bundesländer oder Regionen finden Sie zu jedem Eintrag neben den getesteten und gut beschriebenen Gerichten auch einiges zum Restaurant selber, seiner Geschichte und seiner Philosophie in der Küche.

Warum das Kapitel „Frittenbuden im Dreiländereck“ aufgenommen und groß als „Fahrrad-Testrallye durch Deutschland, Belgien und die Niederlande“ angekündigt wird und dann doch nur auf ganzen vier Seiten inklusive zwei großen Frittenbildern abgespeist wird, bleibt mir ein Rätsel. Dabei gibt es in Deutschland mittlerweile wirklich durch den Food-Truck-Hype jede Menge wirklich Slow-Food-verdächtige Konzepte, die leider alle keine Erwähnung finden. Schade.

Die Symbole

Gut gelungen: Neu hinzugekommene Lokale sind mit „NEU“ aufmerksamkeitsstark markiert. Für den privaten Slow-Food-Lokal-Tester ein guter Hinweis, sich diese Restaurants als erstes vorzunehmen. Nicht wegzudenken sind klassische Hinweise wie Barrierefreiheit, Übernachtungsmöglichkeit, Biozertifizierung und vegetarischem Angebot. Auch die Hinweise zu Einkaufsmöglichkeiten natürlicher Lebensmittel sind gut gelungen. Ein roter Pfeil weist auf touristische Attraktionen hin.

Verbesserungswürdig: Die Symbole sind zu klein, unscheinbar und nicht aussagekräftig. Von einem zeitgemäßen Genussführer erwarte ich Auskunft auch darüber, ob es vegane Speisen gibt, oder welche alte Haustieren und welche samenfeste Sorten beim Gemüse verwendet werden. Doch darüber erfährt man leider nichts. Fast immer blinkt einem nur stoppschildgleich das rote Symbol „nicht barrierefrei“ abschreckend entgegen. Ist dies ein Hauptkriterium von Slow Food? Hat man das Ziel aus den Augen verloren?

Auch die Legende „Das Lokal imponiert mit einem überdurchschnittlichen vegetarischen Angebot“ finde ich zu stark wertend. Würde es nicht besser passen, hier eine neutrale Aussage zu platzieren? Und steht Slow Food nicht auch dafür, dass alte Haustierrassen (Schweine, Rinder, etc.) durch „Verspeisen“ geschützt und für die Nachwelt erhalten werden? Oder dafür, dass kein Gen-Food in die Töpfe kommt? Dass samenfestes Gemüse, und zwar nicht als Hybrid, verwendet wird? Neue Symbole sind dringend erforderlich, um den Ansprüchen der sich bewusst ernährenden Bevölkerung zu genügen. Gerade die Jugend schaut mittlerweile genau hin und geht nur noch in Lokale, die diese Faktoren transparent machen. Wie sieht es mit Familienfreundlichkeit aus? Gibt es moderne weltoffene Raumkonzepte, große Tische für alle, kinderfreundliches Essen? Ist der Betrieb nicht nur Menschen- sondern auch Tierfreundlich? Und wie geht man mit der Verschwendung von Lebensmitteln um? Wie wird entsorgt? Welche Nachhaltigkeits- und Energiesparkonzepte werden angewandt? Erfolgt der Einkauf auch noch über den Großhandel, oder wirklich nur über regionale Erzeuger? Werden auch die heimischen Bauern fair bezahlt?

Hier gibt es für die Zukunft noch reichlich zu verbessern.

Die Kartierung der Restaurants

Ich persönlich hätte mir zwecks besserer Auffindbarkeit eine klare Nummerierung gewünscht, die auch auf den Kartierungen sofort erkennen lässt, wo denn das beschriebene Restaurant zu finden ist. So sucht man hin und blättert her. Etwas nervig! Besser wäre eine App, die man auf dem Mobile-Phone immer sofort dabei hat, und auf einfacheren Pfaden zum Ziel kommt.

Fazit: Für einen ersten Überblick gut. Wirklich genussvoll zu lesen? Nein. Im guten alten Handschuhfach sollte man den Genussführer trotzdem immer als Begleiter auf Ausflügen und Reisen dabeihaben. Er hilft dabei die Region zu erkunden und wirklich gute Lokale zu finden. Und darauf kommt es letztendlich immer noch an.

Dies ist eine Rezension von Petra Pettmann M.A.

Journalistin DJV

www.pettmann.de

Download als PDF: 09102018_Rezension_Slow Food Genussführer 2019-20_Petra Pettmann

9. Oktober 2018