Dank Sternekoch Jens Rittmeyer, mit dem ich über facebook befreundet bin, wurde ich auf eine Neuerscheinung aufmerksam, die „in die wunderbare Warenwelt der handgefertigten Produkte, die sich der Nachhaltigkeit und Qualität, dem Sinn für Schönheit und der Tradition und Innovation gleichermaßen verpflichtet fühlen“ einführt. Gemeint ist damit das am 22. Januar 2020 bei Callwey erschienene Buch „Das große Buch der Manufakturen“, dessen Herausgeber Olaf Salié ist. Auch Jens Rittmeyer, den wir aus dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Gourmetrestaurant N° 4 mit seiner nordischen Sterneküche im Navigare NSBhotel in Buxtehude kennen, ist dort mit „Rittmeyers Besondere Raffinessen“ erwähnt. Es sind also nicht mehr „nur“ handfeste Gegenstände wie Möbel, Leuchten, Table-Top, Bekleidungs-, Freizeit- oder Dekorationsgegenstände, die aufgrund ihrer Handwerklichkeit als besonders wertvoll erachtet werden. Nein, auch das Thema „Ernährung & Genuss“ hält seinen Siegeszug in die Top-Liga der Manufakturen ein.
Für unsere Gastronomie- und Hotelleriebranche habe ich einige Schätze aus diesem Werk geborgen und kurz vorgestellt, die mich besonders begeistert haben. Weitere spannende Informationen und die Adressen von 300 Manufakturen gibt es im 416 Seiten starken Buch, welches mit großer Sorgfalt und sehr ansprechend aufbereitet eine wahre Freude ist und dazu einlädt, die Manufakturen und Produkte selbst kennen zu lernen.
Viel Spaß beim lesen meiner Rezension_Das große Buch der Manufakturen
„Ein Buch für Menschen, die ihr Leben schöner machen möchten“
Zitat des Herausgebers Olaf Salié
„Das große Buch der Manufakturen“ ist bereits beim ersten Anblick eine Freude. Streicht man mit den Händen über den wertigen Leineneinband mit eingeprägtem Handmotiv im druckveredelten Schutzumschlag in zartem Lindgrün, wird einem schnell klar, worauf es dem Herausgeber und Schöngeist Olaf Salié geht: Mit qualitativer Handwerklichkeit und Schönheit überzeugen, begeistern, in Bann nehmen.
Auf der Rückseite des stattlichen Bandes liest man treffend: „Das große Buch der Manufakturen führt ein in die wunderbare Warenwelt der handgefertigten Produkte, die sich der Nachhaltigkeit und Qualität, dem Sinn für Schönheit und der Tradition und Innovation gleichermaßen verpflichtet fühlen. Es ist das umfangreichste Nachschlagewerk der besten Manufakturen in der D/A/CH-Region. Kuratiert und ausgesucht wurden die knapp 300 Manufakturen aus den Bereichen Möbel, Tischkultur, Körperpflege, Papeterie, Textilien und vielen weiteren Geschäftsfeldern von Olaf Salié in Zusammenarbeit mit der ZEIT.“
Das Buch bietet Einblick in altbekannte deutschsprachige Manufakturen, lässt aber auch Raum für New-Comer und neue Akteure auf der Bühne faszinierender Handwerklichkeit. Unternehmergeist, oft über mehrere Generationen hinaus, verbindet all diese Akteure, die erlesene Qualität schnödem Wegwerf-Konsum vorziehen. Dabei wird gekonnt definiert, was der Begriff „Handwerklichkeit“ bedeutet: „Eine Manufaktur hat ein Produkt. Ein Handwerksbetrieb im Unterschied zur Manufaktur hat kein Produkt, sondern erfüllt Dienstleistungen und Kundenwünsche. Kunsthandwerk zielt hingegen auf das Unikat ab. Es ist ‚unique‘, ein ästhetischer Kommentar zur Welt.“
Feierliche Buchpräsentation. Olaf Salié enthüllt auf der imm cologne „Das große Buch der Manufakturen“. Foto: © Peter Johann Kierzkowski für Callwey
Nicht Handwerkskunst und auch nicht das „normale“ Handwerk sind also damit gemeint, sondern der Betrieb, in dem ein Produkt nicht als Unikat, sondern in Serie hergestellt wird. Aber mit handwerklicher Präzision. „Wenn es funkelt und spannend ist, werden wir vielleicht auch für einen Handwerksbetrieb einen Raum im Manufakturen-Buch finden“, betonte Olaf Salié in einem Interview mit Hannes Kropik im Vorfeld der Veröffentlichung (Blog: Meisterstrasse.com).
Erstmals wurden auch Manufakturen aufgenommen die mit leidenschaftlicher Bekenntnis zur Qualität und Nachhaltigkeit Lebensmittel herstellen. So etwa Sternekoch und Saucen-Experte Jens Rittmeyer aus dem niedersächsischen Neu Wulmstorf, der seine authentischen Gerichte leidenschaftlich mit Suden, Jus und Reduktionen auf ein außergewöhnliches Niveau hebt. Denn „Gutes Fleisch braucht besondere Saucen. Und Sausen kann ich“, sagt Rittmeyer.
Foto: Rittmeyers Besondere Raffinessen, S. 376
Handwerklich herausragend und für die Gastronomie- und Hotelleriebranche spannend sind auch Manufakturen wie „Elephant Gin“ aus Wittenburg in Mecklenburg-Vorpommern. Die Äpfel stammen von Plantagen aus der Region, Kräuter wie Buchu oder Baobab aus Afrika und das Quellwasser aus Norddeutschland. Ein außergewöhnliches Bouquet an Aromen sowie ein samtig-milder Geschmack sind typisch für Elephant Gin. Fünfzehn Prozent des Gewinns jeder Flasche gehen an Partnerstiftungen in Afrika, etwa an Organisationen wie „Big Life Foundation“, „Space for Elephants“ und den „Sheldrick Wildlife Trust“.
Foto: Elephant Gin, S. 352
Zu zeigen, wie diese Produkte entstehen, ist Olaf Salié ein großes Bedürfnis. Und nein, es ist keine Aneinanderreihung von Luxusgütern, die Normalsterbliche sich nicht leisten können. Wertige Produkte sind für die Ewigkeit. Sie überleben mehrere Generationen und werden ehrfürchtig von einem Menschen zum anderen weitergereicht. Nicht der schnelle Konsum, sondern die Schaffung von Werten sind das Ziel.
Hier einige Manufakturen, die ich besonders spannend für unsere Branche fand. Darunter sind Manufakturen wie Ferdinands‘ Gin aus der Saar-Region. Gerstner K.U.K. Hofzuckerbäckerei, Wien und Prag. Rausch Süsswaren, Berlin. Die Konditorei-Kaffee Zauner, Bad Ischl, Salzkammergut, Österreich. Und von Sawade Berlin Süsswaren.
Foto links: Ferdinand’s Gin Spirituosen, S. 358, Foto Mitte: Rausch Süsswaren, S. 370; Foto rechts: Sawade Berlin, S. 371
Für Restaurant, Hotel, Küche und festliche Tafel findet man wertiges Porzellan, Besteck, Sitzmöbel & allerlei Nützliches. So etwa: Hochwertige Design-Ledermappen aus Rindleder und Filzgewebe von Papermoles Schreibwaren, Hamburg – sicher auch für die Präsentation des Speiseangebotes geeignet. Weiterhin Textilien, Posamente und Möbelstoffe.
Foto: Jende Posamenten Manufaktur, S. 185
Sogar im Blaudruck gefärbte Stoffe gibt es von der Färberei Koó aus Steinberg, Burgenland, Österreich. Die Werkstatt der Koós ist eine der letzten Blaudruckereien Europas. Das Handwerk gehört seit 2018 zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO. Ich selbst durfte dieses Handwerk als Archäologin im hessischen Dieburg von einem alten Blaufärber aus Ungarn im Museum erlernen und habe früher museumspädagogische Vorführungen zum Thema gemacht. Wunderbare weiße Muster auf Indigoblauem Grund verströmen Behaglichkeit und sind unique. Kein Stück gleicht dem anderen.
Foto: KOÓ Färberei, S. 187
Möbelstoffe und Wandbespannungen als Jacquardgewebe gibt es bei Gisbert Rentmeister, Krefeld. Moderne und historische Posamente und Schmucktextilien stellt die Jende Posamenten Manufaktur in Forst Lausitz, Brandenburg, her. Von der Silbermanufaktur Wilkens & Söhne, der ältesten etablierten Silbermarke der Welt aus Bremen findet man exquisite Bestecke und Tafelwaren. Geschmiedete Messer in höchster Qualität von Franz Güde Schneidwaren aus Solingen in Nordrhein-Westfalen. Die Serie Synchros (re. im Bild) wurde vom Verband Deutscher Manufakturen e.V. zum Manufakturprodukt des Jahres 2019 gekürt.
Foto: Franz Güde GmbH Schneidwaren, S. 147
In den Deutschen Werkstätten Hellerau finden sich Handwerk und Hochtechnologie zusammen. Individueller handwerklich und technisch anspruchsvoller Innenausbau, Tischlerarbeiten und Ingenieurs- als auch Planungsleistungen gehören zum Portfolio. Die Leuchten Manufactur aus dem sächsischen Wurzen stellt in Handarbeit gefertigte exklusive und individuelle Leuchten her, für Hoteliers mit Geschmack und der nötigen Investitionsbereitschaft eine tolle Sache.
Foto: Leuchten Manufactur Sonderleuchtenbau, S. 75
Auch im Möbelbau bietet das Große Buch der Manufakturen Einblick in wunderbare Werkstätten und zeigt Sitzmöbel, Tische & Co., die bis ins Detail in höchster Qualität gefertigt sind. Darunter die Freifrau Sitzmöbel-Manufaktur aus Lemgo, Nordrhein-Westfalen, die in gehobenen Restaurants und Hotels längst Einzug gehalten hat. Stühle und Tische aus Holz und Stahl von Thonet, Frankenberg, Hessen, dürfen im Band natürlich nicht fehlen. Sie werden seit 1819 produziert. Wohl jeder kennt die mit Wasserdampf gebogenen Caféhausstühle.
Foto: Freifrau Sitzmöbel-Manufaktur, S. 31
Ein Traum von Küche für den Außenbereich hat Wesco aus Arnsberg in Nordrhein-Westfalen zu bieten. Wetterfest, UV-beständige Module, die zu Küchenzeilen oder -inseln zusammengesetzt werden können.
Foto: Wesco Küchenbau, S. 69
Monumentale Mosaike im fotorealistischen Weimaraner Mosaik-Stil erstellt die Mayer’sche Hofkunstanstalt aus München. Die alten Römer hätten ihre Freude daran. Im Bild ein Mosaik aus venezianischen Glaskuchen für William Wegmann im Mayer-Stil mit Hundemotiven.
Foto: Mayer’sche Hofkunstanstalt / Sammy Hart, S. 103
Das Große Buch der Manufakturen ist ein Gemeinschaftswerk, an dem Vertreter von Initiativen Deutscher Manufakturen konstruktiv mitwirkten. Jahrelange Recherchen stecken zwischen den Zeilen und Bildern, die so leicht und edel daherkommen. Partner von Olaf Salié sind der Callwey Verlag, die Zeit Verlagsgruppe, Deutschland – Land der Ideen und die Initiative Deutsche Manufakturen – Handmade in Germany. Ein hochkarätiger Beirat, bestehend aus Journalisten, Manufaktur-Betreibern und Vertretern wichtiger Institutionen bildete die Jury.
Olaf Salié selbst arbeitet seit 2016 als Publizist in Berlin für verschiedene Medienhäuser. Im Jahr 2017 erschienen in der ZEIT Verlagsgruppe das Projekt „Aus bester Familie“ sowie bei „Distanz“ das Kompendium „Best of German Interior Design“. 2019 leitete er das Projekt „Dineus Award“ im Callwey Verlag, für das er auch das Jahrbuch schrieb. Er ist Gründer und Vorstandsvorsitzender des Kunstvereins Kirschenpflücker e.V. und gilt als intimer Kenner der deutschen Manufakturenlandschaft. Für die Fotostrecken konnte der renommierte Fotograf Enno Kapitza gewonnen werden. Der für seine sensiblen Reportagen und Porträts bekannte Fotograf arbeitet regelmäßig für namhafte Kunden.
Die einzelnen Kapitel sind thematisch sortiert. Allein die Tischkultur mit handgefertigten Kristallgläsern von Poschinger, feinem Porzellan von Kahla, oder Arzberg zeigen den Unterschied zur konsumierten Massenware.
Die Bildstrecken wurden eigens für das Werk angefertigt. Produkt, interessante Geschichten und vor allem Persönlichkeiten, die die Produkte herstellen, kommen ansprechend zur Geltung.
Fazit: Ein wunderbares Nachschlagewerk für Schöngeister und qualitätsbewusste Menschen. Das nötige Kleingeld muss man natürlich für diese Waren haben. Wir bewegen uns meiner Ansicht nach klar im Luxussegment. Doch wenn wir wieder lernen Gegenstände sorgsam zu behandeln, zu pflegen und über Generationen zu erhalten, dann ist Luxus oft günstiger als industriell gefertigtes Konsumprodukt. Schade: Junge Manufakturen sind leider in der Minderheit. Hier sollte es einen zweiten Band mit Existenzgründern geben, die maximal seit fünf Jahren bestehen. Wer High-End-Produkte sucht, findet diese für alle Lebensbereiche. Der Preis von 49,95 € für das 416 Seiten starke Buch mit 300 farbigen Abbildungen und den tollen Illustrationen ist mehr als gerechtfertigt. Lesen Sie nun die Geschichte hinter den Produkten und erfahren Sie, welche Menschen diese genialen Erfindungen in die Realität umgesetzt haben. Und fahren Sie zu den Machern, um diesen über die Schulter zu schauen und ihr ganz persönliches Stück zu finden. Es lebe die Manufaktur!
Infos zum Buch: Das große Buch der Manufakturen
Herausgeber: Olaf Salié
Erscheinungsdatum: 22.01.2020
Ausstattung: Gebunden
Gewicht: 2526 g
Seitenzahl: 416
Abbildungen: 300 farbige Abbildungen, farbige Illustrationen
Fotografen: Enno Kapitza
Verlag: Callwey
Preis: 49,95 €
ISBN: 978-3-7667-2422-9
Ein ganz herzliches Dankeschön meinerseits an den Callway-Verlag auch für die Zusendung des Bildmaterials und die Erlaubnis zur Veröffentlichung in meiner Buchbesprechung.
Dies ist eine Rezension von Petra Pettmann M.A. Es gelten meine AGB, einzusehen auf www.pettmann.de. Die Vervielfältigung und Verwertung der Rezension ist ohne meine schriftliche Zustimmung nicht erlaubt.