Über 70 Genuss-Rezepte von Frühstück bis Abendessen
Eine Rezension von Petra Pettmann M.A.
Rezepte und Texte: Alexander Herrmann, Monika Schuster, Isabelle Heßmann

Auf das 2019 bei DK erschienene Buch „Alexander Herrmann – weil’s einfach besser ist, folgt nun ein ähnliches Buch: Das im Dezember 2021 bei Dorling Kindersley erschienene Buch „Alexander Herrmann – Weil’s einfach gesünder ist“. Die über 70 Genuss-Rezepte „von Frühstück bis Abendessen“ wurden nicht von Alexander Herrmann alleine vorgestellt, sondern in Zusammenarbeit mit Diplom-Ökotrophologin Isabelle Heßmann und Monika Schuster, Küchenmeisterin und Foodstylistin, mit der Herrmann bereits über 20 Jahre zusammenarbeitet. Das merken die Leser aber leider erst, wenn sie auf den letzten Seiten des Buches angekommen sind. Eine Mogel-Packung. Auf dem Titel wird als Zugpferd nur Alexander Herrmann genannt. Und damit tut sich der 2-Sterne-Koch leider keinen Gefallen, denn der erhobene Zeigefinger der Ökotophologin in DGE-Manier begleitet uns immer wieder. Mit Statements die oft überholt und einfach nur nervig sind.
Und dies trübt die Freude am Lesen und Nachkochen leider erheblich. Alexander Herrmann ist genialer Ideengeber, die Umsetzung und die „Sprache der Kochkunst“ unterlag dann wohl aber dem Diktat der Ökotrophologie, gepaart mit Werbeblock-Einheiten zu Produkten wie MCT-Öl & Co und gedrillt auf gesund und hipp. Eigentlich schade. Nur wenig Authentisches vom fränkischen Tausendsassa aus Wirsberg kommt rüber. Mich hätte gefreut, wenn auch das Thema Nachhaltigkeit und Regionalität ihren Weg ins Buch gefunden hätten. Weiß ich doch, dass Alexander Herrmann Südfrüchte nicht per Luftfracht aus fernen Ländern, sondern aus dem Tropenhaus „Klein Eden“ in Tettau gleich um die Ecke geliefert werden. Nur „GESUND“ reicht in Zeiten des Klimawandels und Raubbaus an der Welt in der wir leben nicht mehr. Herrmann kann eigentlich mehr.
Zu den Rezepten: „Einfach, oder gar kostengünstig und somit Alltagstauglich für die flexible Mahlzeiteneinteilung, die zum Leben und zu den jeweiligen Herausforderungen des Tages passt“, wie im Buch angepriesen, sind die teils sehr kreativen und aus vielen besonderen Zutaten bestehenden Kreationen garantiert nicht. Dies war wohl eher das Wunschdenken der Marketingabteilung des Verlages. Alle Rezepte sind für ZWEI PERSONEN konzipiert, die Mengenangaben dadurch teils homöopathisch.
Die Kreativität des Alexander Herrmann ist im Buch trotz oekotrophologischer Schlaumeierei zum Glück immer noch deutlich spürbar, wenn auch dadurch massiv getrübt. Denn die Kreationen des genialen 2-Sterne-Kochs sind alles andere als gewöhnlich und eignen sich meiner Meinung nach nicht als Mittel einer Belehrung nach DGE-Manier.
Die Aufteilung des Buches in „Start in den Tag“, „Hauptmahlzeiten“ und „kleine Gerichte“ ist ansprechend. Auf 223 Seiten und rund 120 farbigen Fotos, gedruckt in Italien auf mattem Papier aus verantwortungsvollen Quellen, kommt das Buch bodenständig und bewusst EINFACH gehalten daher, wie ein Wolf im Schafspelz. Man möchte wohl neue Zielgruppen erschließen.
Die einfache Sprache „von Frühstück bis Abendessen“ führt leider in die Irre und weit weg vom Eigentlichen. Die Bilder sind meist unscharf und kommen in der Bildsprache der 60er Jahre daher. Und sie sind teils auch falsch. Bei der Top Ten Nüsse und Co. auf Seite 166 werden etwa salzige Erdnüsse abgebildet. Im Text steht dann aber: „Gut für alle, die sich salzarm ernähren wollen“. Etwas mehr Sorgfalt wäre angebracht gewesen.
Schön ist die Anlehnung an „Oma Herta“, die wohl eine ganz außergewöhnliche Frau war und auch in punkto Ernährung so ihre eigenen Prinzipien hatte. Wie Alexander Herrmann auch, jedoch auf ganz andere Art und Weise. Genial waren und sind sie beide.
Die Rezepte sind von der Wahl der Zutaten sehr ansprechend und machen Lust aufs Nachkochen. Für Ungeübte sind sie allerdings nichts. Auffällig ist, dass im neuen Kochbuch vieles mit Fett frittiert und gebraten wird und auch Nüsse in allen Variationen gerne zum Einsatz kommen. Von Alexander Herrmanns Liebe zu Nudeln, die er zu Beginn erwähnt, erfährt beim weiteren Durchstöbern leider nichts. Nur ein Rezept auf Seite 71 (Spaghetti mit Paprika-Haselnuss-Pesto) enthält Nudeln. Sogenannte „Sättigungsbeilagen“ wie Nudeln oder Kartoffeln fehlen meist komplett. Teils soll frisches Weißbrot oder Fladenbrot zu den Kreationen gegessen werden. Ist das „gesund“ frage ich mich gerade? Den Abbildungen fehlt das „ungesunde“ Beiwerk. Eine Irreführung. Brotrezepte mit vollwertigen gesunden Komponenten sucht man vergebens.
Mich stört ein bisschen die allzu kumpelhafte Sprache, die bewusst „basic“ gehalten ist. Herrmann will Leitfigur sein beim Thema sich „gut und gesund“ zu ernähren. Und preist gute Lebensmittel mit wertvollen Inhaltsstoffen an. Immer wieder brechen sich Sätze, die auch aus der Diät-Beratung einer Ökotrophologin beim Klinikaufenthalt stammen könnten die Bahn. Es ist die Rede von guten Fetten, hochwertigen Proteinen und komplexen Kohlenhydraten. Dann wird die Lebensmittelpyramide der DGE aufgezählt. Das macht keine Lust auf‘s Nachkochen. Sorry.
Für Alexander Herrmann ist die 16:8 Methode das Non-Plus-Ultra. Intermittierendes Fasten als Lebenseinstellung und Gesundheits- und Diätprogramm. Ganz intuitiv. Hier wird der momentane Hype voll aufgegriffen. Das gefällt mir nicht wirklich, da es mich zu sehr an Marketing-Sprech kombiniert mit erhobenem Zeigefinger erinnert. Und sich wie eine weitere Art von Diätprogramm liest.
„Weil’s einfach gesünder ist“ ist das Motto des Buches. Gedacht als kulinarischer Erste-Hilfe-Kasten für die Leser. So, als wüsste der mündige Bürger nicht, was gesund ist. „Wir brauchen kein ernährungswissenschaftliches Essay“ schreibt Herrmann, doch genau das ist es. Da hat sich der 2-Sterne-Koch wohl nicht durchsetzen können.
Nach der Einleitung geht es schon los mit der Top-Ten der Fette und Öle, andere Produktgruppen folgen später. Zwar spürt man immer die Kreativität des Alexander Herrmann, aber man spürt auch den erhobenen Zeigefinger der Ökotrophologin Isabelle Heßmann. Etwa bei: „Etwa drei Portionen Gemüse (ca. 400g) sollten es täglich sein – am besten jeweils zur Hälfte gegart und roh. Wenn dann noch zwei Portionen Obst (ca. 250 g) hinzukommen, ist es perfekt!“ Solche Sätze lassen mich aufhorchen. Erinnern sie doch an Leitbilder der DGE, die uns seit mehr als 20 Jahren eingetrichtert werden und von vielen Profi-Köchen und Kochbuch-Autoren längst in Frage gestellt wurden. Genutzt wird die ganz einfache Sprache, so als wären die Leser*innen völlig unbedarft. Superfoods, Makronährstoffe, gute und schlechte Fette, wir werden nach DGE-Manier aufgeklärt. Besonders auffällig ist dies beim Thema Gesundheit in Verbindung mit MCT-Ölen. Dass MCT-Öle wirklich gesund sind, ist nicht wissenschaftlich belegt. Das sagt sogar die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Trotzdem wird mal wieder ein völlig überteuertes, von Marketingexperten geliebtes Produkt, durch die Küchen getrieben. Der Literpreis in dubiosen Online-Shops liegt bei 20 bis 50 Euro. Dies kann es nicht sein.
Besser wäre gewesen, wenn man die genialen Rezepte Alexander Herrmanns nicht seiner Sprache und Intension beraubt hätte. „Rote Bete aus dem Backofen mit Matcha-Seidentofu-Dip“, oder „Brennnessel-Tempura mit Orangendip“, sprechen klar die Sprache des 2-Sterne-Kochs. Einfach und für jeden Tag sind sie allerdings nicht, und schon gar nicht massentauglich. Wer hat schon immer solch ausgefallenen Zutaten vorrätig? Und nicht jeder kann Brennnesseln im eigenen Garten kultivieren, um an die leckeren Blätter und Samen zu kommen. Vom Straßen- oder pestizidverseuchten Ackerrand, oder der Hunde-Gassi-Strecke würde ich persönlich keine Wildkräuter und Wildgemüse ernten. Wo also kauft der normale Mittelstands-Bürger, oder gar Großstädter ohne eigenen Gemüse- und Kräutergarten solche Raritäten?
Alexander Herrmann ist normalerweise für sein „Weniger ist mehr“ bekannt. Diese Sprache lese ich hier nicht. Die Zutatenlisten sind lang und eher etwas für den ambitionierten detailverliebten Hobbykoch, und verlangen auch beim Einkauf einen langen Atem und vor allem einen gut gefüllten Geldbeutel.
Die Akribie des „nur nichts falsch Machens“ liest sich wenig genüsslich. Manchmal muss man bei den Mengenangaben etwas lächeln, wie zum Beispiel auf Seite 52: 10 ml Sanddorndirektsaft und 2 Prisen Vanillezucker. Bei 2 Scheiben Knoblauch auf Seite 127 kann man auch nur noch lächeln. Die Dosis mutet fast homöopathisch an. Ist dies die Detailverliebtheit Alexander Herrmanns, oder die Verbissenheit der Mitautorin. Oder liegt es einfach daran, dass die Rezepte nur für zwei Personen konzipiert sind. Letzteres finde ich sehr schade, da vieles sich auch für größere Gruppen, Familienfeste & Co. eignen würde.
Für zwei Personen muss leider ziemlich viel Aufwand betrieben werden. Die Abläufe müssen à la Minute wie in der Profiküche stimmen, kein Produkt darf länger als die angegebene Zeit frittiert, gebraten, oder gekocht werden, sonst ist die Qualität dahin und die Nährstoffe sind weg. Zum Beispiel beim leckeren Gericht: Gebratener Blumenkohl und Romanesco mit Rosmarinbutter. Hier muss jeder Griff sitzen.
Trotz allem finde ich die eigentliche Auswahl der Rezepte wunderbar. Wenn man wie wir einen eigenen reichhaltigen Bio-Kräuter- und Gemüsegarten auf dem Land hat und sich auch als Archäologin mit Wildkräutern und der Esskultur von der Steinzeit bis heute auskennt, sind die Zutaten je nach Saison sogar im eigenen Garten zu finden. Und wenn man wie die Profis kochen kann, ist das auch sehr hilfreich. Wenn nicht, Pech gehabt. Aber gute Anregungen findet man allemal.
Mein Fazit: Es ist ein typisches Alexander Herrmann Kochbuch mit herrlichen kreativen Rezepten und guten handwerklichen Tipps des Sternekochs, welches in seiner Aufmachung leider durch die Mitautorinnen stark gelitten hat. Nun darf man raten, was als Nächstes kommt. Vielleicht: Weils einfach nachhaltiger ist? Wundern würde es mich nicht. Kaufen würde ich das Buch nicht. Lieber würde ich mal wieder ins schöne Frankenland fahren und mich einfach von Alexander Herrmann bekochen lassen. Dann wäre Genuss garantiert.
Informationen zum Buch:
Autor: Alexander Herrmann | Alexander Herrmann – Weil’s einfach gesünder ist |
Quelle: | Dorling Kindersley Verlag, München |
Erscheinungsdatum: | Dezember 2021 |
Preis: | 24,95 € (geb.), (E-Book (PDF) |
Größe: | 198 x 255 mm, fester Einband |
Seitenzahl: | 224 Seiten mit 120 Farbfotos |
ISBN: | ISBN 978-3-8310-4412-2 |
Dies ist eine Rezension von Petra Pettmann M.A., Journalistin DJV.
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