Welche innovativen Trends und Entwicklungen gibt es in der Handelsgastronomie allgemein, und welche speziell im Bereich der Gastro-Technik am POS? Hier meine eigenen Recherchen und die neuesten Trends, die ich im Gespräch mit führenden Technik-Hersteller*innen und Expert*innen unserer Branche für Sie entdeckt habe:
Viele Umgestaltungen von LEH- und Retail-Flächen gehen in Richtung Gastro-Konzept. Es geht um die Belebung der Flächen, um Wohlfühlstimmung und Kaufanreiz. „Fresh, Fast, Healthy“ ist gefragt. Externe Lebensmittel-Shop-in-Shop-Konzepte wie Eat Happy, Green Kebab und neuerdings auch Dean & David erobern die Flächen. Food-Courts mit Marktplatz-Feeling bieten Köstlichkeiten und heiße Snacks. Grab & Go boomt. Wer es eilig hat, greift im LEH immer öfter ins Heiße oder Kalte Regal und bedient sich selbst. Modular & Vielseitig gewinnt.
Veränderte Konsumvorlieben spiegeln sich im Angebots-Portfolio, welches sich durch die neue Generation des Food Service Equipments noch einfacher und schneller auf wechselnde Bedürfnisse der Kunden und die Personalsituation abstimmen lässt. Mit der richtigen Gastro-Technik gelingt Food-Service im LEH gleich auf mehrfache Art. Voraussetzung ist ein auf Standort, Marktbetreiber und Kundschaft zugeschnittenes Food-Service-Konzept, welches den Anforderungen unserer Zeit entspricht.
Markthallen in City-Lage sind Treffpunkt für Foodlover und touristisches Reiseziel.

Es gilt einen Weckruf zu starten!

„Durch die Systemrelevanz hat die Handelsgastronomie einen riesigen Vorteil“, weiß Andreas Schäfer, AKE. Die Pandemie-Zeit hat gezeigt, dass der LEH die Krise dazu nutzen konnte, neue Geschäftsmodelle im Food-Service erfolgreich einzubinden und Marktanteile zu gewinnen. Nun ist es an der Zeit, dass auch Retailer in ländlichen Regionen das Potenzial der Stunde erkennen und ihren Dornröschenschlaf beenden.
AUTOMATISIERUNG & DIGITALISIERUNG
„Ein großer Trend im Handel ist die weiter voranschreitende Automatisierung & Digitalisierung sowie das Thema Home Delivery“, betont Sabine Petermann, DEBAG. Und auch Andrea Bailey-Keil, Welbilt ist sich sicher: „Im Bereich Trends und Entwicklungen ist die Digitalisierung die Nummer 1. Kundinnen und Kunden erwarten gleichbleibend hohe Qualität, die nur durch standardisierte Herstellungsprozesse erreicht werden kann. Innovative Assistenzsysteme, Künstliche Intelligenz und modernste Sensorik gehören da natürlich dazu. Neue und fachfremde Mitarbeitende können mittels dieser Technologien schnell geschult werden und höchste Ergebnissicherheit erzielen.“
„Den Handel interessieren komplette Lösungen, wenn es um die Implementierung gastronomischer Kompetenzen im Markt geht“, sagt Birk Töpfer, Rational, und erklärt: „Fachkräftemangel, steigende Energiekosten und sinkende Konsumbereitschaft seitens der Verbraucher können durch die Wahl der richtigen Küchentechnik und eines überschaubaren klar definierten Speisenangebotes positiv kompensiert werden. Intelligente Küchentechnik ist leicht bedienbar und wird zum flexiblen Mengenmacher.“
Nachhaltig durch intelligente Technik
In der Handelsgastronomie ist das Thema Energie mittlerweile Takt gebend. So ist es nahezu zwingend notwendig, energieeffiziente und energiesparende Geräte und Technik einzusetzen. „Umweltfreundliche Kältemittel wie Propan und CO2 sind ein Beitrag, die negativen Auswirkungen auf den Klimawandel zu begrenzen. Intelligente Technik sowie eine bestmögliche Digitalisierung und Vernetzung sind Eckpfeiler für ein effizientes Energie- und Ressourcenmanagement. Dem Personalmangel in der Gastronomie kann dank zunehmender Digitalisierung und innovativer Technik mit automatisierten Ausgabebereichen oder auch mit Unterstützung des Personals durch Robotik begegnet werden“, sagt Stefan Rakers, HAGOLA Gastronomie-Technik.
Neues wagen!
Was die Realisierung neuer gastronomischer Konzepte im Retail betrifft, rät Ralp Debes, Experte für Handelsgastronomie, Beer Grill, den Mut zu haben betretene Pfade zu verlassen und neue Konzepte auszuprobieren. „Es gibt bereits fertige und umsetzbare Konzepte, die in anderen Ländern erfolgreich laufen“, weiß Debes. Der Blick auf internationale Märkte zeigt, wie erfolgreich und dynamisch Handelsgastronomie sein kann.
Wer keinen externen System-Dienstleister integriert, sondern in Eigenregie ans Werk geht, sollte sich durch kompetente, zukunftsorientierte Berater auf das neue Zeitalter vorbereiten. Gastro-Konzepte müssen für Mitarbeiter im Retail realisierbar sein und auf kleinstem Raum Umsatz bringen, denn Platz und Kapazitäten zu verschenken hat der Handel nicht. Birk Töpfer, Rational,betont: „Der Trend geht hin zu intelligenter Küchentechnik, die kostengünstige Herstellung hoher Speisenqualität auch ohne Fachkenntnisse ermöglicht. Dank digitaler Vernetzung der Kochsysteme sind die Prozesse zentral gesteuert an jeweils aktuelle Trends anpassbar.
PRÄSENTATION
„Der Gast entscheidet sich, wenn er das Produkt sieht“, sagt Andreas Schäfer, AKE, dessen Kernmarkt die Handelsgastronomie ist. Sein Haus erarbeitet neue Lösungen von der Lagerung bis zum POS. Auf der EuroShop zeigt AKE den Prozess der Rollierenden Frische und gibt Inspiration fürs Business. „Wir müssen neu denken! Es geht um neue Produktionsprozesse. Um Finishing-Geräte. Es geht darum wirtschaftlich zu arbeiten was Faktoren wie Personal und Energie betrifft, aber auch darum die Zielgruppe besser anzusprechen.“ Stellschrauben sind: Öffnungszeiten, Angebot, Wareneinsatz, Lagerkapazität, Cook&Chill anstatt Frischeküche, kleinere Gastro-Flächen, Counter, die man individuell schließen kann.

Komplettlösungen aus einer Hand
„Zukunftsweisende Steuerungstechnik und die Möglichkeit, die kältetechnischen Funktionen online zu überwachen, sind für viele anstehenden Projekte entscheidende Kriterien“, betont Stefan Rakers, Hagola. Der Fokus liegt auf Energieeffizienz und leichter Reinigung. Individuelle Kühlmöbel und Frischetheken für den Bedienbereich werden in Kooperation mit dem Handel verwirklicht, wobei auch Shop-in-Shop-Konzepte eine große Rolle spielen. SB-Flaschenausgaben für die Vorkassenzone, kleine Shopkonzepte und SB-Speisenausgabestrecken, schaffen Zusatzgeschäft. Weinklimaschränke sowie Show-Gärschränke für Teig und Teiglinge sind zusätzliche Möglichkeiten dem Kunden im Markt Kaufanreize und Attraktionen zu bieten.
KOCH-TECHNIK
Weniger Platzbedarf – mehr Leistung!
„Der Handel braucht multifunktionale Geräte, die Kochen, Braten, Frittieren, Grillen, und Backen in einem Gerät. Standardisiertes zentral produzieren (Cook & Chill) und dezentral verkaufen, etwa durch eigene Convenience-Linien für die Kalttheke, hat Potenzial. Im Trend liegen kleine Portionen, die einhändig mit einer Gabel essbar sind – etwa in einer Bowl“, weiß Birk Töpfer, Rational.
Modular & Flexibel
In Hinblick auf die Frage nach dem richtigen Konzept meint Urs Bischof, Ubert: „Es gibt nicht Schwarz oder Weiß. Wir werden Beides haben: weiter die Entwicklung mit Shop-in-Shop-Konzepten, denn man muss Marken als Frequenztreiber in den Markt holen. Und eigene Convenience-Produkte, um das eigene Profil zu schärfen. Ein erfolgreicher Händler wird beides machen!“ Der zweite Trend, den er feststellt, ist Modularität und Flexibilität. „Das Bühnenbild, die hochwertige Präsentation, muss veränderbar sein! Marken-Shops sind Dauerbrenner, doch gerade die Eigen-Convenience-Bühne bietet viel Potenzial. Hier kann ich saisonal arbeiten und überraschen. Das geht nur mit der richtigen, modularen Technik!“ ZurEuroShop bringt Ubert Geräte mit, die im Export Topseller sind: die Rotisserie, aber auch Verkaufs- und Präsentationstheken, kalt und warm. Spannend fürs Frontcooking ist eine Linie, die nur 10 cm hoch ist und auf einer 90er Verkaufstheke flexibel und ergonomisch eingesetzt werden kann.

Bowls, Bowls, Bowls…
„Bowl-Konzepte von Citylagen müssen flächenländlich gemacht werden, denn dort liegt das Potenzial“ ist sich Andreas Schäfer, AKE,sicher und betont: „In Zukunft wird der Retailer immer mehr Convenience im eigenen Markt herstellen. Der kleine Händler braucht keine Küche, sondern eine Finishing-Rüstküche wo er Obst, Salate und Gemüse in Form bringt und nebenbei Hot-Snack-Produkte macht. Und schon kann er die Kunden verpflegen! Im Sinne von No-Waste können Produkte genutzt und einer guten Verwertung zugeführt werden.“
PLUG & PLAY

Plug & Play Konzepte haben Zukunft. Zur EuroShop zeigt Salvis und Beer Grill modularen Koch- und Präsentationseinheiten für abwechslungsreiche Snack-Angebote und bietet Komplett-Lösungen für den Retail. „Mit Vulcano hat der Retailer die Möglichkeit, sein Angebot rund um die Uhr den wechselnden Konsumbedürfnissen seiner Kunden anzupassen“, erklärt Ralp Debes, Beer Grill. Angesagt ist schnelles, gesundes Snacking.
„Es gilt die Haltbarkeit zu verlängern“ sagt Thomas Sandor, Salvis. „Mit Vakuumier-Techniken wie GreenVac lassen sich Logistikkosten sparen, da der Markt nur einmal die Woche mit zu 80% vorgegarten Frische-Komponenten von einer Zentralküche beliefert werden muss, anstatt alle drei Tage.“ Mit dem Druck-Steamer Salvis VitalityEvo sind Speisen in drei bis fünf Minuten servierfertig, können in thermobeständige Behälter abgefüllt und in der Hi-Tech-Speisenausgabevitrine Vulcano von Beer Grill heiß oder kalt, je nach Bedarf angeboten werden.
BACK-TECHNIK
Reduzierung des Energieverbrauchs ist in der energieintensiven Backbranche „das“ Thema. Dazu Ralf Stark, MIWE: „Mit verfeinerter Temperaturregelung und überarbeitetem Beschwadungs-System tragen Geräte von MIWE zum Energiesparen bei. Auch kürzere Backzeiten, Verringerung der Backtemperatur und „Schuss-auf-Schuss-Backen“ spart Energie. Verbesserte Isolierungen und eine besonders sparsame LED-Beleuchtung helfen ebenso.
Der Strukturwandel im Backhandwerk ist deutlich spürbar. „Betriebe müssen einen Weg finden die Nachfrage nach Backwaren mit so wenig Personal und so wenig Energieverbrauch wie möglich zu decken“, betont Salvatore Russo, UNOX. Gefragt sind zweckerfüllende Geräte für den Frontbereich, die optisch klar gestaltet, schnell und effizient sind. Fachpersonal kann so durch Technik ersetzt werden. Professionelle Allrounder-Backöfen funktionieren auch dann, wenn kein erfahrenes Personal zur Verfügung steht. Russo betont: „KI überwacht jeden Backprozess aktiv und kontinuierlich und führt einzelne Parameter automatisch durch oder korrigiert diese gegebenenfalls. Cloud-basierte Technologien wie DDC (Data Driven Cooking) erlauben es die Geräte von überall und zu jeder Zeit zu steuern.“

Fokussierung auf Premium-Backwaren
„Es geht um Differenzierung! Produkte vom lokalen Bäcker und neue Brot-Konzepte mit sehr hochwertigem Brot, etwa Ur-Korn, liegen voll im Trend! Premium-Brot ist der neue Vertriebskanal“, prognostiziert Julia Rümmele-Hauser, Wiesheu. Bei der Back-Technik sieht sie Kombigeräte mit weniger als einem Quadratmeter Raumbedarf und nur 230 V mit automatischer Programmanwahl besonders geeignet. Starkstrom wird nicht benötigt. Mit Steuerung ohne Sprache punkten diese gerade aufgrund der Schwierigkeiten im Bereich der Mitarbeiterbeschaffung.
SPÜL-TECHNIK

„Reusable geht von Deutschland in die Welt. Wiederverwenden ist mittlerweile ein internationales Thema“, sagt David Reinhart, Hobart. Das Thema „Mehrwegangebotspflicht“ und die damit verbundenen Herausforderungen in Logistik und Hygiene sind das Thema, wenn es um gewerbliches Geschirrspülen geht. Denn ab 1. Januar 2023 gilt in Deutschland die Mehrwegangebotspflicht für Speisen und Getränke zum Mitnehmen. Geschirrspül-Profi HOBART hat ein Rundumpaket an Spül- und Trocknungslösungen sowie verschiedenes Zubehör entwickelt, mit dem Behältnisse aus Kunststoff anwenderfreundlich und hygienesicher gereinigt werden können. Dabei spielt vor allem die vollständige Trocknung der Produkte eine wichtige Rolle, damit sich bei der Lagerung keine Keime ausbreiten. Ein innovativer Single Cup Washer, mit dem jeder Kunde seinen Becher hygienisch vor dem direkten Befüllen im Markt selbst spülen kann, soll in Kürze zur Marktreife gebracht werden.
Die Interviews führte Petra Pettmann.
Text: Petra Pettmann M.A.