Meine Foodie-Tour durch Ravenna, Cervia und Comacchio im Oktober 2022

Ravenna. Im Ca‘ de Vèn werden vor den Augen der Restaurant-Gäste Piadina & Co. zubereitet. Foto: Petra Pettmann

Kulinarische Köstlichkeiten gibt es in der Emilia Romagna im nördlichen Italien zur Genüge. Auf Einladung der Städte Ravenna, Cervia und Comacchio konnte ich an einer fünftägigen Bloggerreise teilnehmen und im Verlauf der zahlreichen Exkursionen und Besichtigungen auch so manche Leckerei aufspüren.

Natürlich kommt es darauf an, ob wir uns gerade an der Adria, in den Lagunen von Comacchio, oder mehr im Landesinneren aufhalten. Allen gemeinsam ist, dass die Gegend in diesem Bereich der Emilia Romagna sehr flach ist. Hingegen war es im Savio-Tal, welches nicht weit entfernt bis Cesena eine sehr liebliche Mittelgebirgslandschaft mit viel Wald, Wein und kleinteiliger Landwirtschaft bietet, weitaus hügeliger. Von den Leckereien des Savio-Tals hatte ich bereits berichtet.

Wir befinden uns an der Adria bei Comacchio im Po-Delta. Hier lag auch in vorgeschichtlicher Zeit die Etruskerstadt Spina. Sümpfe und Salz-Lagunen mit zahlreichen Wasservögeln, Fischen und – hier eine Spezialität – Aalen – prägen die Gegend. Doch was ist kulinarisch interessant? Was außergewöhnlich? Neben Risotto, einer typischen Spezialität des Po-Deltas, finde ich hier immer wieder Polenta auf der Speisenkarte. Meist in frittierter Form. Doch fangen wir bei einfachen Vorspeisen und Street-Food an, welches es an jeder Straßenecke und in jedem Restaurant zur Einstimmung gibt:

PIADINA! Diese Teigfladen gibt es in vertikal grün-weiß, oder rot-weiß-gestreiften Kiosken und auch in Ravenna in großer Menge. In Deutschland hat man „Pommes & Currywurst“, in der Region um Ravenna sind es eben diese dünnen, oder etwas dickeren, mich eher an orientalisches oder indisches Nan-Brot erinnernde Fladen. Sie können gefüllt sein, müssen aber nicht.

Was ich schön fand: die noch ofenwarme Piadina wird in mundgerechten Stücken, zusammen mit handgemachten Grissini in Papiertüten oder im Körbchen gereicht. Die Tüten kann man einfach schließen, dann bleibt das Brot länger frisch und warm. Denn ja, es ist eine Art Brot! Aus Mehl, Wasser und Milch, Salz und Schweineschmalz und ein wenig Natron als Backmittel.

Piadina - gefüllt mit Spinat. Mittlerweile auch mit Vollkornmehl zubereitet. Für Touristen.
Vorspeisen im Kult-Lokal Ca‘ de Vèn in Ravenna: Piadina, gefüllt mit Spinat war mega lecker! Foto: Petra Pettmann

Eine wahre Freude ist, dass Lokale noch ihre Pasta selbst machen. Oft vor den Augen der Gäste. Das schmeckt man! Typisch sind Bandnudeln und natürlich Cappelletti und Tortellini, gefüllt mit saisonalen und regionalen Spezialitäten der Region. Einiges konnte ich probieren.

Pasta mit Ragout
Immer selbst gemacht, immer lecker. Pasta mit Ragout. Foto: Petra Pettmann

Im Savio-Tal im Landesinneren der Romagna sind die Cappelletti und ebenfalls die Bandnudeln mit Ragout ein Muss – Bolognese sagt in Italien übrigens niemand. Aus dem Savio-Tal kommt auch der Sangiovese – ein Rotwein, der auch in Ravenna gerne ausgeschenkt wird.

Auch wenn Bologna etwas weiter im Landesinneren liegt, möchte ich hier auf die leckeren Arancini hinweisen, die ich gleich gegenüber des Bahnhofs in einer Pizzeria am To-Go-Tresen entdeckt habe. Diese bestehen aus frittierten kegelförmigen Risotto-Bällen, die im Inneren mit verschiedenen Füllungen zubereitet werden. Ich hatte Gorgonzola mit Spinat. Mega lecker!

Arancina
Bologna. Arancini in vielen Variationen. Wunderbar! Foto: Petra Pettmann

Zur natürlich selbst und frisch gemachter Polenta reicht man gerne Squacquerone, eine Weichkäsespezialität, die es nur hier gibt. So wurde es mir jedenfalls erzählt. Mich erinnert die Konsistenz an ganz frischen Büffel-Mozarella, so wie ich ihn in Felix Campania, also an der West-Küste Italiens, probiert habe. Aber hier ist dieser Käse aus Kuhmilch und schmeckt auch sehr gut zur Piadina und sonstigen Vorspeisen.

Luftgetrocknete Schinkenspezialitäten aus der Emilia Romagna
Ravenna. Mein Lieblingsessen: Luftgetrocknete Schinken- und Salamispezialitäten. Foto: Petra Pettmann

Apropos Vorspeisenteller: Schinken- und Salamispezialitäten dürfen auch in Ravenna nicht fehlen. Selbst im Ca‘ de Vèn. Dazu gab es warme Teigtaschen mit Spinat und Käse gefüllt. Herrlich! Der Schinken ist immer luftgetrocknet, Coppa estiva, Culatta, Salsiccia passita, Salami – in der Markthalle von Ravenna, dem Mercato Coperto Ravenna, kann ich mir diese Köstlichkeiten gleich nochmal in Gänze anschauen und sehe auch die Preise. Nicht ganz günstig, aber eben regionale Qualität.

frittierte Polenta mit Squacquerone
Ravenna. Zu Polenta reicht man gerne Squacquerone. Im Restaurant des Mercato Coperto Ravenna waren die Polenta-Scheiben frittiert. Die Markthalle mit toller Gastronomie im Herzen Ravennas ist sehenswert und ein Geheimtipp für Feinschmecker. Foto: Petra Pettmann

Frische, selbst gemachte Pasta gibt es als Suppe (Cappelletti), mit Ragout, aber auch mit Steinpilzen, oder was die Saison sonst so hergibt. Diese werden mit einer Käsecreme gefüllt, teils aber auch mit Fleisch. Dazu gibt es Parmiggano Reggiano. Im Savio-Tal ist es „das“ Gericht. Auch an Weihnachten in einer Gemüsebrühe. Meist wurden uns nach der Vorspeise gleich zwei mal Pasta-Gerichte aufgetischt. Manchmal gab es dann auch noch ein Hauptgericht mit Fisch oder Fleisch. Je nachdem, wo wir gerade waren.

Fritto misto
Cervia. Fritto misto – eine beliebte Vorspeise mit allerlei kleinen frittierten Fischen und Meeresgetier. Man verspeist diese komplett. Foto: Petra Pettmann

Die Vorspeisen in Cervia und Comacchio sind eher maritim. Soll heißen: mit kleinen gegrillten und in Panade frittierten ganzen Fischen, Garnelen, Krebsen und Tintenfischchen. Dazu wird Zitrone gereicht. Also ein Fritto misto. Oft trendig serviert im mit Papier ausgelegten Körbchen. Für mich gewöhnungsbedürftig war, dass man diese mit Gräten, Kopf, Schwanz und Chitinpanzer essen sollte. Ich dagegen saß da und habe – wie gelernt – alle Hüllen vom köstlichen Inneren entfernt und so gefühlt nur ein Zehntel vom Mahl verzehren können, als mutigere Tischgenossinnen. Unserer Wiener Bloggerin brach prompt ein Zahn entzwei, und so manche musste mit Tafelwasser nachhelfen, um Gräten & Co. herunter zu spülen. Das war definitiv nicht meins. Aber die Geschmäcker sind verschieden, und die Region im Bereich der salzigen Lagunen und Sümpfe von je her eher einfach.

Aal gab es früher hier wohl in großer Zahl. Heute stehen sie auch hier auf der roten Liste und sind nahezu ausgestorben. Trotzdem bemüht sich die italienische Fraktion von Slow-Food darum, weiterhin Aal zu fangen und in einer alten Aalfabrik in Dosen abzufüllen. Nach dem Motto: Bewahren durch Aufessen setzt Slow-Food so ein Zeichen und fördert auch die Aufzucht kleiner Aale, die dann wieder angesiedelt werden.

Comacchio. Geräucherte Fischspezialität in Sauce. Wer kann da widerstehen? Foto: Petra Pettmann

Da ich in Deutschland selbst einige Jahre Leiterin einer regionalen Genussgruppe von Slow-Food Deutschland war, fiel mir diese konträre Vorgehensweise sofort auf. Im Norden, bei mir zuhause, werden alle Restaurants, die noch Aal auf der Speisekarte hatten, aus dem Genussführer von Slow-Food verbannt. Was in den Regionalgruppen von Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu verstärktem Protest führte. Die einen wollten die „Regionale Spezialität“ weiterhin zulassen, die Mehrheit jedoch nicht. Dies am Rande. Einig ist man sich wohl bis heute nicht.

Historische Tongefäße für den Aalfang.
Traditioneller Aalfang in großen Tongefäßen. Heute nur noch für Touristen im Kanal direkt vor den Toren des Museums in Comacchio zu sehen. Foto: Petra Pettmann

Gleich mehrfach wurde uns Aal vorgesetzt. Ich habe mutig probiert. Doch die spitzen, kleinen Gräten blieben mir im Halse stecken, und schon war es vorbei mit dem Aal. Geschmacklich fand ich ihn sehr gut, doch auch ich denke, dass vom Aussterben bedrohte Tiere vorerst nicht zu häufig gegessen werden sollten. Jedenfalls solange nicht, bis der Bestand wieder auf einem besseren Niveau ist. Gleiches gilt für Muscheln, Fische und sonstiges Meeresgetier. Unzählige private riesige Fangnetze haben wir während unserer Bootstour gesehen. Diese werden abgesenkt und wieder hoch geleiert. Ein toller Anblick, doch ob dies nachhaltig ist, wage ich zu bezweifeln.

Mein Favorit? Eindeutig Piadina und Arancina! Und natürlich die Vorspeisenplatten in allen Variationen! Mehr hätte es für mich gar nicht gebraucht. Göttlich.

Aal-Spezialität aus Comacchio
Restaurant Bettolino di Foce – in der Lagunenlandschaft Valli di Comacchio. Hier gab es Aal. Gut im Geschmack. Doch – da vom Aussterben bedroht – nicht meine Sache.

Text + Bilder: Petra Pettmann M.A.

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